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Internierungslager: Zeitzeugen


Wilhelm Rott

Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von © Bettina Rott.

Predigt beim Abendmahlsgottesdienst am Erntedankfest am Sonntag, 30.9.1945

Über 5. Mose Kap. 8 Vers 2 und 18 und Matthäus Kap. 4,1-4

Und gedenke des ganzen Weges, den dich der HERR, dein Gott, geleitet hat diese vierzig Jahre in der Wüste, auf dass er dich demütigte und versuchte, damit kundwürde, was in deinem Herzen wäre, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht. Sondern gedenke an den HERRN, deinen Gott; denn er ist's, der dir Kräfte gibt, Reichtum zu gewinnen, auf dass er hielte seinen Bund, den er deinen Vätern geschworen hat, so wie es heute ist. 5. Mose 8,2+18

Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben (5.Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.« Matthäus 4,1-4

Wir feiern heute das Erntedankfest. Ich glaube, wir werden dieses Erntedankfest so leicht nicht vergessen, das Erntedankfest nach vielleicht der größten Katastrophe die unser Volk wie vielleicht kein anderes Volk überhaupt erlebt hat, nach dem Sturz von einer Höhe in die grausamste Tiefe. Wir ganz besonders erleben dieses Erntedankfest hinter Stacheldraht und uns wird in besonderer Weise zum Bewusstsein gebracht, dass wir als Volk und als einzelne einen Weg angetreten haben, der, wie es so lapidar im AT heißt, durch die große und grausame Wüste führt. Wir frage nun Gottes Wort, was es zu dieser unserer Lage am Erntedankfest 1945 zu sagen habe. Wir fragen im Gedenken zunächst an all die Bauern und Landwirte unter uns, die in den Monaten des Reifens der Saat nur durch den Stacheldraht hindurch all das, was draußen wuchs angeschaut haben., die sich zermartert und gequält haben, dass ihre Frauen allein, ohne die Arbeitskräfte, die im Kriege zur Verfügung standen, die Arbeit tun mussten, und deren Herz beschwert war, als sie merkten, nun beginnt die Erntearbeit und wir sind noch immer hier, untätig, während überall verkündet wird, es ist Not, dass die Äcker wieder bebaut werden, damit dem Hunger für den Winter gewehrt werde. Auch das beleuchtet noch in besonderer Weise die Not unseres Erntedankfestes 1945.

Fürwahr, da spitzen wir die Ohren, wenn wir im AT lesen: er demütigte dich und ließ dich hungern. Das ist es, was wir zu hören haben. Menschen haben uns in diese Lage geführt. Aber das Entscheidende ist, dass wir merken, er, der Herr, dein Gott, demütigte dich und ließ dich hungern. Gedemütigt werden heißt ja klein werden, heißt, täglich daran erinnert werden, dass man hilflos ist, dass man von der Gnade anderer lebt. Das ist bitter. Möchten wir auch diese Bitterkeit nicht verlieren, möchten wir nicht um ein Linsengericht in selbstvergessener Ehrlosigkeit Dinge tun, die das vergessen machen! Dann hätten wir als Volk ausgespielt. Gerade auch die Hungerwochen, die Gottlob hinter uns liegen, haben ja in besonderer Weise unterstrichen, wie demütigend unsere Lage ist. Hungern heißt das entbehren, was man sonst als selbstverständlich erachtet hat. Was der Kuli in China hat, meinten wir schon lange zu haben müssen. Aber nein, auch das haben wir nicht gehabt. Wir haben nicht einmal Pellkartoffeln gehabt und das, was der kleine Mann als selbstverständlich erachtet hat. Es ist demütigend für den geistigen Menschen, dass nun seine Tage durch das Warten von einer Mahlzeit auf die andere ihre Signatur erhalten. Es ist demütigend zu sehen, wie das Raubtier in der Stille erwacht, zu sehen, wie Leute die in großen Tönen und Phrasen von Heroismus und Herrenmenschentum geredet haben, sich um einen Löffel Suppe schlagen, wenn sie Geschirr und Kübel ausleeren dürfen. Demut! Er lässt dich hungern. Möchten wir diese Lehre nie vergessen.

Wir erleben nur besonders krass, was nun wohl auch unserem Volk aufgegeben ist, was es erlebt hat und noch erleben wird. Er demütigt uns und lässt uns hungern. Wir wissen, dass diese Zeiten der Demütigung und des Hungers Zeiten der Versuchung sind. Wir wissen, dass hier besonders gefährliche Situationen geschaffen werden. Wir lernen, dass diese Monate und vielleicht das ganze Jahr über das Schicksal und die Zukunft unseres ganzen Volkes entscheiden wird, ob es als Volk überhaupt noch eine Zukunft haben wird, oder ob es der Spielball in der großen Weltpolitik der Weltmächte bleibt. Es wird entscheidend von uns abhängen, davon ob wir die Prüfung, die Zerreißprobe wirklich bestehen.

Gott demütigte dich und versuchte dich, heißt es in dem Vers davor, auf dass kund würde, was in dir wäre, was in deinem Herzen wäre, ob du seine Gebote haltest oder nicht. Wahrhaftig, es wird in dieser Zeit der Demütigung und des Hungers klar, was in unseren Herzen los ist, was mit unserem ganzen Leben los ist, wie wir beschaffen sind, aus welchem Holz wir geschnitzt sind, ob wir Gottes Gebote halten oder nicht.

Nun könnten wir -und das wäre ein rechter Beichttext- etwa die Gebote durchgehen: Du sollst nicht töten! Du sollst deinem Nächsten an seinem Leben keinen Schaden noch Leid tun, sondern ihm helfen und fördern in allen Leibesnöten! Tun wir es, oder tun wir es nicht? Oder: du sollst nicht stehlen! In Luthers Auslegung positiv zum Schluß gewendet: sein -nämlich des Nächsten- Gut und Nahrung helfen bessern und behüten. Oder: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden! Dass wir über unseren Nächsten nichts Böses reden, sagt Luther, keinen falschen Leumund machen, sondern Gutes von ihm reden und alles zum Besten kehren. In dieser Not- und Hungerzeit zeigt sich, ob unser Herz in Gottes Geboten lebt, oder ob es das trotzige und verzagte Herz geblieben ist, das uns in der Notzeit eine grauenhafte Enthüllung seines eigenen Inhaltes zeigt.

Oder um auf die erste Gesetzestafel zu kommen: Du sollst den Feiertag heiligen! Ob in dieser Notzeit klar wird, ob in Deutschland auch am Feiertag und Sonntag Morgen weitergeschuftet werden soll, ob man noch weiter dem Wahn verfallen ist, man könne dadurch, dass man die Arbeitszeit total ausdehnt, weiterkommen, oder ob man wieder lernt, die Predigt und sein Wort nicht zu verachten, sondern dasselbe gerne hört und lernt? Manches, was wir hier im Lager sehen, lässt nicht darauf schließen, dass wir dieses Zeichen des Feiertages neu zu achten gewillt sind, um dadurch wirklich weiter zu kommen. Oder das zweite Gebot: Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes nicht missbrauchen! Dass wir ihn in allen Nöten anrufen, beten, loben und danken, sagt Luther. In der Hungerzeit zeigt sich das, wo unser Herz ist! Und dann summa summarum das erste Gebot, ob wir tatsächlich im Gebot aller Gebote leben, Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen.

Gott demütigt dich und versucht dich, auf dass kund würde, was in deinem Herzen ist, ob du seine Gebote haltest oder nicht. Aufs ganze nationale Schicksal gesehen entscheidet sich heute, ob wir die Hungerfrage und die Magenfrage das Erste und Entscheidende sein lassen, ob wir etwa um einer angeblichen und verheißenen, vorgespiegelten Lösung dieser Hungerfrage bereit sind, alles andere preiszugeben, alle Werte unserer Tradition, unserer geistigen Kultur nur um das eine, um den knurrenden Magen zu stillen, oder ob wir uns rufen lassen in dieser Versuchungs- und Prüfungszeit zu der Nüchternheit und Erkenntnis, die uns heute unser Text schenken will. Davon redet unser Text, dass diese Hunger- und Versuchungszeiten auch Zeiten der besonderen Hilfen Gottes sind. Gott bietet uns gerade in diesen Zeiten seine Hilfe an.

Aus dem Text des AT steht vor uns jene wunderbare Hilfe Gottes auf, die er seine murrenden Volk in der großen und grausamen wüste gegeben hat. Er speiste dich, so hören wir, mit Man. Eines Tages wacht das murrende hungernde Volk auf uns sieht den Boden bedeckt mit weiß und schaut auf das Runde und Kleine, heißt es dort, und ruft verwundert aus: Manhu - zu deutsch: Was ist das? Der Führer des Volkes antwortet: Das ist die Speise, die dir der Herr, dein Gott, gibt. Diese wunderbare Speise, über die das Volk staunt und angesichts derer es nur fragen kann "Manhu" "Was ist das? ", weist ja hin auf die wunderbare Erfüllung jenes alttestamentlichen Vorbildes, auf die Speisung, die vom Himmel auf uns herabgekommen ist, auf das Brot des Lebens, das die Speise für das weltliche Leben ist, auf unseren Herrn Jesus Christus, der nun in dem uns allbekannten Text als unser Bruder vor uns tritt, der sich gleichfalls in der Versuchungszeit zu unserer Not, zu der Not unsres Hungers bekennt. Jesus Christus unser Bruder ist uns in allen Stücken gleich geworden und steht auch mitten unter uns in der Zeit der Demütigung und des Hungers , um uns seine Lösung und die Rettung aus dieser Not zu zeigen.

Wir hören in der allbekannten Geschichte, wie auch er in dem 40tägigen Hungern in der Wüste , in jener Zeit, in der er die Geschichte seines Volkes bedenkt, in jener 40tägigen Wüstenwanderschaft, in der Versuchung Glauben und Gehorsam hält, wie er es ablehnt, sich in dieser Versuchung und Prüfung von seinem Auftrag loszulösen, wie er es ablehnt, seinen Auftrag so preiszugeben,, wie wir und viele von uns bereit sind, unseren Auftrag preiszugeben.. Wie er darauf verzichtet, der Brotheiland zu werden, der Heiland, dem die Massen zu jubeln, weil er zuerst die Magenfrage löst. Und weiter, der Weg des Gehorsams geht bis ans Kreuz, weil er weiß, wichtiger als die Brot- und Magenfrage ist die Lösung der einen Frage, der Gottesfrage -wir können auch sagen der Menschenfrage- der Frage, die dann auftaucht, wenn Gott und Mensch zusammenstoßen, der Frage der Sünde. Nicht Lösungen in der Brot- und Magenfrage und, wenn wir die Versuchungsgeschichte weiter verfolgen, nicht die Lösung der weiteren Frage, die sich im Gemeinschaftserleben erhebt, wenn die Magen voll sind, die Frage nach Brot und Spiel, -also die Ablehnung des Schauwunders- ist das Entscheidende. Und drittens, in der dritten Versuchung, nicht die Lösung in der politischen Herrschaft in der Welt ist das Entscheidende. Der Versucher zeigt Christus alle Reiche der Welt: das will ich dir alles geben, wenn du deinen Auftrag abgibst. Sondern das Entscheidend und Erste ist die Erlösung, die Lösung der Gottes- und der Menschenfrage. Darauf weist er, der gehorsame in seinem 40tägigen Hungern hin und sagt: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht.. Da haben wir das entscheidende Wort, das Wort Gottes, das ewige Wort Gottes, sein Werk, sein Wort und Werk, dass er uns Menschen erlöst und befreit, das ist das Erste.

All das andere, die Lösung der Magenfrage und auch der Fragen, die in den beiden anderen Versuchungen angedeutet sind, das ist das zweite. Jesus wagt es, sich hier zu seinem Auftrag zu stellen und allen Geschlechtern, die nach ihm hungern und durch die Wüste wandern müssen zuzurufen: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht. Zu dieser Erkenntnis, die aus der überwundenen, siegreich bestandenen Versuchung Jesu herausklingt, haben wir uns am Erntedanktag 1945 zu Beginn der großen Wüstenwanderschaft unsres Volkes mitten in unsrer Demütigung und in unserem Hunger zu stellen: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht. Nun dürfen wir es dankbar bezeugen, das die Gnadengaben aus seinem Wort auch unter uns in diesem Lager nicht vergeblich gewesen sind, dass es manche bekannt haben, dass ihnen auch in ihrer leiblichen Not der Weg zum Worte Gottes und zum Sakrament , zu dem Wort, das uns vom Tisch des Herrn gereicht wird, eine entscheidende Hilfe geworden ist, nicht nur in ihren seelischen und geistigen, sondern auch in ihren leiblichen Nöten.

Wir Abendländer und insbesondere wir Protestanten haben uns daran gewöhnt, mehr und mehr Gott zu einem Gedankenbild zu machen, zu einer Idee, wie wir so schön sagen, zu einem Objekt unserer Spekulation und unserer geistigen Betrachtung. Gott ist etwas ganz anderes. Gott ist die Urwirklichkeit unseres Lebens, die Wirklichkeit, von der wir leben und an der wir und alle Völker sterben. Das ist Gott. Das einzusehen sind wir heute wieder gerufen. Wir sind gerufen zu der Erkenntnis, die der Psalmist ausspricht: Deine Güte Gott, ist besser denn Leben! Alle Morgen ist ganz frisch und neu des Herrn Güt' und große Treu. Wenn wir zu der Erkenntnis geführt werden, dass das nicht fromme Sprüche, sondern Realitäten sind, dann war die Versuchungszeit hier nicht umsonst, dann hat sich die Zeit der Demütigung und des Hungers für uns und unser Volk gelohnt. Wenn wir das wieder einsehen, Gott ist der Gott, das Schönste, Beste und Allergewichtigste, von allen Schätzen der edelste. Hört, was Paul Gerhard in den Nöten des 30jährigen Krieges gesungen hat: Gott ist unsre Speise und Gott gibt sich uns, er schließt uns das Geheimnis seiner unerforschlichen Wege auf in der einen großen Gabe, in Jesus Christus, in dem Brot des Lebens, das vom Himmel herabgekommen ist. Welcher seines eingeborenen Sohnes nicht hat verschonet, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben, wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Alles, auch all die anderen Güter der Kultur, der geistigen Werte, aber wahrhaftig nicht nur die allein, sondern auch die Güter und Werte, die wir brauchen zum Aufbau unsres irdischen Lebens; Gott ist das nicht zu gering. Mit Christus, der Urgabe schenkt er uns alles. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht. Er lebt von dem Brot, das Fleisch geworden ist, von dem es in dem Hymnus, der schon einmal zitiert wurde, heißt: "Das Wort geht vom Vater aus und bleibt doch ewiglich zuhaus, geht zu der Welten Abendzeit, das Werk zu tun, das uns befreit." Das ist das Wort, von dem wir wirklich leben, auch leiblich leben.

Erntedankfest in der Notzeit, in der Versuchung heißt, dieses Wort neu zu erkennen und dieses Wort in unser Leben hineinnehmen als das entscheidende, als die Speise, die uns von Gott gegeben ist Wenn wir so zu dem Wort treten, dann gibt es die wunderbare Möglichkeit der Wandlung in unserem Leben. Wir dürfen Gott unsere engere Not, unsren Hunger bringen, dürfen ihn mitbringen zum Tisch des Herrn und dürfen uns diesen Hunger wandeln lassen in das fasten, das freiwillige Fasten. Wir haben ja diese äußeren Übungen mit mehr oder minder großem Recht sehr in den Hintergrund gestellt, und fürwahr, es gilt vor Gott auch nicht selbsterwählte Frömmigkeit und Frömmigkeitsübung. Dabei bleiben wir mit unsren Reformatoren. Aber wenn Gott uns Hunger auferlegt, gibt es die Möglichkeit, dass wir nicht dauernd über den Hunger reden, dass wir nicht murren und aus dem Hunger heraus die Gebote Gottes übertreten, sondern wir dürfen und können ihm unseren Hunger bringen und unseren Hunger opfern und aus diesem Hunger das freiwillige Fasten machen Was heißt fasten? Fasten heißt, sich bereiten für die Gnade und die Gabe Gottes, Fasen heißt, das gebet des zerknirschten Herzens unterstreichen. Mit dem nun unterstrichenen Gebet öffnet sich ja unsre ganze Existenz für die Urwirklichkeit Gottes, für die Realität, die es vom Himmel mit Strömen der Liebe auf uns herabregnet. Gott gibt, das ist sein Wesen. Wir haben es aber zugeschlossen , und der volle Magen, der lullt ein und macht sicher, wie der reiche Kornbauer auch sicher geworden ist durch die reiche Ernte und Pläne macht, wie er das Kleine niederreißt und das Große aufbaut, und nicht bedenkt -der Tor!- , dass er täglich und stündlich von dem Atem Gottes lebt, davon, dass Gottes Güte über ihm ist. Seht, das erkennen wir wieder in einem durch Gottes Güte verwandelten Jünger, das erkennen wir wieder in dem Gebet, das sich wirklich leer macht in dem Gebet des Gedemütigten. "Ehe ich gedemütigt ward, irrte ich, nun aber halte ich dein Wort.", sagt der Psalmist. Und so wollen wir einen scharfen Unterschied machen zwischen jenem Erntedankfest des selbstbewussten Herzens, das ruft im Ruf der alten Juden: Meine Kraft und die Stärke meiner Hände hat mir dieses Vermögen eingebracht. Gott widersteht den Hoffärtigen, aber dem Demütigen gibt er Gnade. Es ist das Erntefest der Pharisäer, der Welt der selbstgerechten, derer, die mit ihrer Vollmacht auch noch so ein bisschen den Herrgott brauchen. Das Erntefest des Gedemütigten ist das Erntedankfest. Es ist das Erntefest derer, die es auch mit leeren Mägen und leeren Scheuern feiern können, denn sie wissen, dass Gottes Güte reich ist über der reichen irdischen Gabe und der kärglichen irdischen Gabe. Es ist wirklich Erntedankfest. Danken heißt ja, all das, was wir empfangen haben wieder vor Gott stellen und auf ihn als Ursprung aller gaben zurückzuführen. Die Leere, die uns aufgegeben ist in der Demütigung des Hungers , ist es wirklich Erntedankfest zu feiern, d.h. offenbart zu werden vor dem, der aus dem Himmel mit Strömen der Liebe regnet.

Und dann können wir auch danken, wie wir es so oft getan haben, dass wir durch gute und böse Tage bis hierher geführt worden sind, weil wir wissen, über diesen guten und bösen Tagen waltet in unerschütterlicher Güte und Treue der, bei dem es keine Veränderung und keinen Wechsel des Lichtes gibt, von dem alle gute und vollkommene Gabe kommt. So lasst uns als Gedemütigte den neuen Blick uns schenken, den neuen Blick für die ganze Fülle der Wunder Gottes, für die ganze Fülle seiner Gnade. Lasst uns den Regenbogen wieder sehen als das Zeichen des Bundes der Geduld! Ja, Gott hat es uns verheißen und seine Verheißung gilt, solange die Erde stehet, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Vielleicht sind auch einige da, die mit dem alten Volk in Israel erstaunt sagen, wo diese Ordnungen noch in Geltung sind, dass wieder einmal eine reiche Ernte in diesem Jahr erwachsen ist: "Manhu, was ist das?" Wo die Menschen nun jahrelang die Fackel der Verwüstung geschwungen, wo sie Teile unseres Abendlandes platt gewälzt haben zur Wüste zur grauenhaften und großen wüste gewalzt, dass Gott aber nun treu bleibt und trotzdem wieder die Saat aufgesp rosst und die Ernte gekommen ist. Genau so war es vor einigen Jahren nach einem furchtbaren Luftangriff auf Berlin, wie nach ein paar Tagen die Sträucher ausschlugen, da war es einem wirklich wie ein Wunder , dass Gott dieser furchtbaren Erde die Treue hält. Manhu, was ist das? So wollen wir die Garbe, die unsere Angehörigen einbringen, begrüßen. Dann werden wir davon wie von selbst von dem Regenbogen dem Zeichen des Bundes der erhaltenden Gnade Gottes weitergeführt zu dem entscheidenden letzten Bund auf Golgatha, den Gott mit uns Undankbaren, uns Bösen geschlossen hat, dem Bund der Gnade in Jesus Christus, den Bund der Erlösung, so dass es nun wirklich heißt, in guten und in bösen Tagen sind wir seine Kinder und seine Erben. So führt uns das rechte Erntedankfest, das Erntedankfest der Fasten-, möchte man sagen das Erntedankfest der Hungerzeit, zu Gott, dem Geber aller guten Gaben, und wir verstehen jetzt die Einfalt jenes kleinen Tischgebetes, nach dem ich auf meinen Gängen durch das Lager so oft gefragt worden bin, jenes kleinen Tischgebetes, das ja beides , die ewige und die irdische Gabe zusammenschließt: zwei Dinge Herr, sind not, die gib nach deiner Huld, gib uns das täglich Brot, vergib uns unsre Schuld! Ja, wir leben nicht von unsren Taten, sondern davon, dass uns unsere Taten vergeben werden. Wir leben von Gottes Güte und Treue und Gnade und wollen darum in Dankbarkeit alle Gaben, die kärglichen und die reichen, auf ihn zurückführen Wir wollen darum auch all das, was uns fehlt und was uns quält, das, was uns bitter aufgestoßen ist, als wir Luthers Erklärung zum ersten Glaubensartikel hörten, mit den Füßen der Raben zu Gott, dem Ursprung aller guten Gaben bringen. So heißt es: Was euch fehlt, was euch quält, er bringt es wieder: Frau, Kind, Acker, Vieh und alle Güter. Das rufen wir auch den Volksgenossen aus den Ostgebieten zu, die zum ersten Mal das Erntedankfest hier feiern, seit sie von ihrer Scholle vertrieben sind, auf die sie nach menschlichem Ermessen nie wieder zurückkehren.

Erntedankfest heißt auf Gott schauen, von dem alle gute und vollkommene Gabe kommt, auf Gott und auf Christus; ich bringe alles wieder. Denn von Gott und durch Gott und zu Gott dem Herrn sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.

* Quellen:

  • E-Mail von Bettina Rott, Neckargemünd, an Moosburg Online, Juni 2004.

    Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von © Bettina Rott.

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